von Gilles Chevalier
BERLIN – Zur Uraufführung ihrer Musik-Show „Superwoman“ hat Gayle Tufts ins Tipi am Kanzleramt geladen. Klar, in einer Welt, in der sich die Menschheit lediglich „from Caveman to Taliban“ entwickelt hat, braucht es eine „Superwoman“ um aufzuräumen.
Gayle Tufts erledigt diese Aufgabe nicht allein – sie bedient sich der Unterstützung des glänzenden Pianisten Marian Lux und des schlagfertigen Perkussionisten Martin Krause. Sarunas Kirdeikis und Carl Richardson, zwei behände agierende Tänzer der „Superhelden Dance Crew“, sorgen für den richtigen Dreh.
„Superwoman“ ist eine gelungene Mischung aus Stand-up-Beiträgen und Songs, manchmal auch Chansons. Die Mischung aus Flügel und Percussion ist ungewöhnlich und reizvoll. Richtig ans Herz geht der Abend aber, wenn Gayle Tufts lediglich zur Begleitung durch den Flügel „One Day“ (Tufts/ Lux) singt oder sich den Hit „When We Where Young“ von Adele vornimmt – singt doch hier im Original eine 27-Jährige von der Angst vor dem Altwerden. Dann könnte man im vollbesetzten Tipi eine Stecknadel fallen hören.
GayleTufts rast durch die Comic- und Filmliteratur, um ja keinen Superhelden zu vergessen. Merkwürdig, dass da so wenige Frauen vorkommen! Tufts besinnt sich auf eine sehr erfahrene Superwoman, die seit 1886 auf Liberty Island im New Yorker Hafen steht. Doch die Freiheitsstatue ist einsam, denn „manchmal haben Männer Probleme mit großen Frauen.“ Um die Freiheitsstatue zu erlösen, wird die als Lady Liberty gekleidete Tufts von ihren beiden Tänzern vom Sockel geholt und zu den Menschen auf den Boden gestellt. Hier konnte der Kostümbildner Stefan Reinberger alles geben.
Auch sonst schlüpft Gayle Tufts gern in neue Roben: Nach jedem Song erscheint sie in einem neuen Gewand, um dann mit einem Stand-up im Programm fortzufahren. Was das Optische angeht, ist der Song „Born This Way“ (Lady Gaga) der raffinierteste. Hier wirbeln die Tänzer und Tufts in den gleichen Ankle Boots über die Bühne. Grandios, Zusammengehörigkeit durch das gleiche Schuhwerk auszudrücken!
Das sprachliche Markenzeichen der Künstlerin, das Denglish, tritt im Programm ein wenig in den Hintergrund. Die Songs sind praktisch durchgehend in Englisch, nur in den Stand-up-Passagen gleitet sie manchmal in die von ihr maßgeblich gestaltete Kunstsprache. „Seit wann ist diese kultivierte Wurzelgemüse ein Bösegewicht?“, fragt sie mit Blick auf die Kartoffel, deren Kohlenhydrate für unvorteilhaften Körperbau verantwortlich gemacht werden. „Syrien ist eine Problemzone, meine Hüfte is not!“, ruft sie selbstbewusst aus. Superfoods und Selbstzweifel kommen an diesem Abend eben auch vor.
Die wahren Helden für Gayle Tufts sind ganz gewöhnliche Menschen, die Wichtiges leisten. Das können Erzieher, Lehrer oder Krankenschwestern sein. Aber es sind auch die, die ihr beim Einleben in Deutschland Hilfe und Unterstützung angeboten haben. Eine Prise Nachdenklichkeit passt gut in diesen großen Showabend. Super gibt es eben nicht nur an der Tankstelle.
© 2016 BonMot-Berlin
Fotos: Robert Recker/ PR tipi
Noch bis zum 13.10.2016 im tipi am Kanzleramt, Große Querallee, 10557 Berlin
Tickethotline: 030.390 665 50 | alle weiteren Termine HIER
